Wir sprachen mit einem Gärtner von der Insel Mainau. Worauf muss man als Hobby-Gärtner achten, wenn man selbst Gemüse und mehr anbauen möchte?
Welche Gemüse, Salate und Kräuter sollten in der Saison als erstes angesetzt werden?
Die Frage, wann mit welchen Gemüsen das Gartenjahr begonnen wird, richtet sich nach der Lage des Garten (sonnig / warm oder schattig/kühl), ob es ein Frühbeet oder Gewächshaus gibt und ob man selber das Sommer-Fruchtgemüse (Tomaten, Chilli, Paprika etc) anziehen möchte.
Erste kälteerprobte Kandidaten für die direkte Aussaat in das vorbereitete Beet im Freiland sind Dicke Bohnen (II-III) und in III – IV frühe Möhren, Pastinaken, Schwarzwurzeln, Radieschen, Spinat und Zuckererbsen. Außerdem können Knoblauch und Lagerzwiebel gesteckt werden. Die Jungpflanzen von Kopf- und Eichblattsalaten sowie Brokkoli und Kohlrabi vervollständigen die „Frühstarter“: Ein Vlies in der ersten Zeit fördert das Anwachsen der Setzlinge. Es sollte locker auf den Pflanzen liegen und die Pflanzen nicht drücken. Eine regelmäßige Kontrolle ist für den verantwortungsbewussten Gärtner selbstverständlich.
Für die Bepflanzung des Gewächshauses sind vorgezogene Salate, Spinat und Kohlrabi ideal, da sie – im Februar gesetzt – bis zur Pflanzung der Sommerfruchtgemüse erntereif sein sollten.
Im Frühbeet können Gemüse selber vorgezogen werden oder ebenfalls mit Salat, Spinat und Kohlrabi bepflanzt werden. Allerdings sind die erst Ende April – Mitte Mai erntereif, was aber sehr gut mit Freilandgurken im Frühbeet als Folgekultur passt.
Die Fensterbank kann ab Ende Januar mit eigenen Anzuchten von Paprika und Chilli belegt werden, ab Mitte Januar kommen dann die Tomaten dazu.
Welche Sorten eignen sich besonders für Garten-Anfänger?
Das Wichtigste bei der Auswahl der Kulturen und Sorten ist, dass sie für den Gartenstandort (Boden, Klima) passen und mit dem für die Gartenarbeit angedachten Zeitbudget. Der Gemüsegarten für „Faule“ muss allerdings noch erfunden werden.
Wenn man die Kulturen auswählt, die man immer schon mal selber im Garten haben wollte, es einem also „unter den Fingern juckt“, ergibt sich das Engagement und der lange Atem von alleine.
Welche Anbautipps gibt es für dieses Jahr? Gibt es ein Trendgemüse oder einen Geheimtipp?
Beim Gemüsegarten von Trends und speziellen Tipps dieses Jahres zu sprechen wie in der Modebranche widerspricht jeder Tätigkeit, die auf Nachhaltigkeit ausgerichtet ist und an die Abläufe in der Natur gebunden ist.
Hausgärten waren über Jahrhunderte eine Mischung aus Produktion (Obst, Gemüse), Sortenerhaltung und Züchtung (Saatgut) sowie Repräsentation durch ansprechende Optik (Blumen, Hecken, Pflanzsysteme). Heutzutage gibt es dafür den Begriff des „Vielfaltsgärtnern“. Die kleinräumige, bunte Mischung aus frischen Kräutern, Gemüsen mit essbaren Blüten sowie fruchttragenden Gehölzen tut der eigenen Seele gut, fördert die Insektenvielfalt und das Bodenleben, beugt Pflanzenkrankheiten vor und schafft abwechslungsreiche Gartenräume. Hier finden alte Lokalsorten und farbige Gemüse (Roter Grünkohl, blauschotige Erbsen, bunte Salate, Zitronengurken) ebenso einen Platz wie Kulturen aus Urlaubsgefilden (Kichererbsen, Spargelsalat, roter oder grüner Mais, Tomatillos) oder dekorativ blühende Kräuter (Tulsi- Basilikum) und Gemüse (Endivien, Wildkohl, Fenchel, Haferwurzel, Möhren), die wiederum Insekten anlocken. Anregungen dazu gibt es u.a. in den Schaugärten von Sortenerhaltungsinitiativen oder Freilichtmuseen.
Was sollte man beim Umgang mit Setzlingen beachten?
Wer sich Vielfalt wünscht, auch mal was Ausgefallenes, und Qualität, also kompakt gewachsene, robuste, ohne Trockenstress angezogene Jungpflanzen, dem seien die Setzlingsmärkte der Sortenerhaltungsinitiativen ans Herz gelegt und Gärtnereien mit eigener Jungpflanzenanzucht, wo man direkt einkaufen kann. Das Feuchthalten der kleinen Erdballen bis zum Pflanzen ist sehr wichtig. Am besten ist es, wenn man das Beet schon fertig vorbereitet hat, so dass am Abend die Pflanzen in die Erde kommen.
Bitte beachten, dass jede Kultur ihre spezifische Pflanztiefe hat. Je nach Witterung ist ein Vlies erforderlich, das die niedrigen Temperaturen abmildert, aber auch den Trockenstress reduziert. An sonnigen und windigen Tagen ist manchmal ein Gießen am Abend und am Morgen notwendig, um ein Austrocknen des Bodens und Trockenstress / Schlappen der Pflanzen auszuschließen.
Stichwort Klimawandel: gibt es hier in puncto Setzlinge etwas zu beachten?
Sowohl Pflanz- als auch Säkulturen sind vom Klimawandel betroffen. Patentrezepte gibt es keine, so dass das Beobachten und Bewerten der Kulturen und entsprechendes Handeln im Vordergrund steht. Einige Gemüse, die direkt ausgesät werden wie Pastinaken, Schwarzwurzeln, Möhren, Erbsen im Frühjahr oder Feldsalat im Spätsommer, keimen nur lückig, weil die optimalen Keimtemperaturen nicht mehr bei zu hohen Temperaturen gegeben sind.
Oder der Starkregen mit anschließender Hitze verkrustet den oberen Boden derart, dass die aufgelaufene Saat keine Chance hat. Bei den Pflanzkulturen mit Setzlingen ist für eine ausreichende Bodenfeuchte zu sorgen durch den Erhalt der Bodenstruktur und eine feine Bodenbedeckung mit organischem Material (Rasenschnitt, Laubstreu aus Buchen-, Ahorn- oder Lindenlaub). Eine gute Platzausnutzung durch eine Mischkultur aus vertikalen Kulturen (Stangenbohnen, Erbsen) mit Tiefwurzlern (Rettich, Wurzelgemüse) und flachwurzelnden Bodenbedeckern (Zucchini, Salate) sorgt außerdem für eine gute Bedeckung des Bodens und reduziert die Wasserverluste im Boden.